Bürgerzentrum "Alte Synagoge"

Mit dem Bau der Mescheder Synagoge in der Kampstraße begann man 1878. Sie sollte den bisherigen Betraum im Hause Berghoff in der heutigen Gutenbergstraße ersetzen. Zum Bezirk der Synagoge gehörten auch die in den umliegenden Ortschaften wohnenden jüdischen Familien.

Der Neubau der zweistöckigen Synagoge bestand aus roten Ziegeln. An der Front befanden sich große Rundbogenfenster und eine zweiflüglige Eingangstür. Auf dem Giebel waren zwei steinerne Tafeln angebracht, die symbolisch auf die 10 Gebote verweisen sollten.

Eine Besonderheit ist der fünfzackige Stern im Fenster über der Eingangstür, welcher als Siegel Salomons bekannt ist. Üblich an Synagogen ist eigentlich die Darstellung des sechseckigen Davidssterns.

Die damalige Innenausstattung der Synagoge lässt sich heute nur noch durch Berichte von Zeitzeugen rekonstruieren. Demnach erstreckte sich der Gebetsraum über beide Etagen. Zum Thoraschrank an der Ostseite führte ein roter Teppich durch den Mittelgang. Links und rechts des Ganges waren Bankreihen aus Naturholz angeordnet. Diese Bänke waren mit Klappen ausgestattet, um darin die Bücher, die Gebetsschals und die Käppchen, die die Männer während des Gebets trugen, aufzubewahren. Die Frauen saßen getrennt von den Männern auf der Empore. Dort stand auch das Harmonium. 

Neben dem Haupteingang der Synagoge befand sich die Hausmeisterwohnung. Im Obergeschoss befand sich außerdem das Zimmer des Kantors, der den jüdischen Kindern hier Religionsunterricht erteilte.

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Zerstörung in der Reichspogromnacht

60 Jahre nach dem Bau der Synagoge erhielten SS-Leute die Anweisung, unverzüglich die „Judenaktion" durchzuführen. Am 10. November 1938 brachen Sie die Tür der Synagoge auf, zerschlugen die Scheiben und warfen Gebetsbücher, Schals und die zerissenen Thorarollen in den Mühlengraben - nichts der Inneneinrichtung blieb erhalten.

Am Nachmittag des selben Tages traf in Meschede ein SS-Sturmführer aus Neheim ein. Dieser bewertete die Zerstörung der Synagoge als zu gering ein. Daraufhin erschien ein weiterer Trupp, der mit einem schweren Vorschlaghammer die steinernen Tafeln auf dem Dach zerschlug.

Die staatlich inszenierte Reichsprogramnacht führte auch in Meschede zu brutalen Übergriffen auf jüdische Bürger. Die Zerstörung von Häusern und Geschäften jüdischer Familien, die Inhaftierung männlicher Juden und die Schändung der Synagoge sollte dazu dienen, auf die noch nicht „auswanderungswilligen" Juden Druck zu machen und sie zum Verkauf ihres Eigentums zu zwingen.

Am 15.11.1938 verkaufte der Vorstand der Synagoge das Gebäude samt Hofraum und Stall für 1000 RM an die Stadt Meschede.

Während des 2. Weltkriegs diente die ehemalige Synagoge als Unterkunft für Kriegsgefangene. Im Februar 1945 wurde das Obergeschoss bei Luftangriffen zerstört.

Die Synagoge nach dem 2. Weltkrieg

Nach dem Krieg befand sich im noch vorhandenen Untergeschoss der Synagoge eine Schreinerei. Im Jahr 1991 kaufte die Stadt Meschede das Gebäude zurück. Die Pläne der Stadt, mit dem historischen Gebäuderest angemessen umgehen zu wollen, wurden aufgrund finanzieller Engpässe erschwert. Daher wurde er vorerst weiter von einem Handwerksbetrieb genutzt.

Entstehung des Bürgerzentrums

Im Jahr 1994 stellten engagierte Bürgerinnen und Bürger einen Antrag an die Stadt, nachdem sie zusammen ein Nutzungskonzept entwickelt hatten.

Ziel war es, den erhaltenen Gebäudebestand in der Verantwortung für das Erbe der ehemaligen jüdischen Gemeinde und in Erinnerung an die ehemaligen Mitbürger zu wahren, den historischen Gebäuderest in die Denkmalliste einzutragen und ihn in ein Bürgerzentrum auszubauen. 

1996 wurde daher der Verein „Bürgerzentrum "Alte Synagoge" Meschede e. V." gegründet, um die Umsetzung der Pläne zu unterstützen.

Im Juli 1996 stellte die Stadt Meschede als Eigentümerin des Gebäudes einen Fördermittel-Antrag an die Bezirksregierung, welcher knapp ein Jahr später bewilligt wurde. Daraufhin wurder der Ausbau seitens der Stadt beschlossen.

70 % des Bauvorhabens wurden durch Fördermittel gedeckt. Die verbleibenden 30 % der benötigten Mittel mussten durch Eigenleistung am Ort aufgebracht werden. Hierzu verpflichtete sich der Verein Bürgerzentrum "Alte Synagoge" Meschede e. V.

Heute erinnert die unter Denkmalschutz stehende Fassade an die Geschichte der alten Synagoge - ebenso wie die Form der Glaskuppel und der im Boden markierte sechseckige Stern.

Eröffnung des Bürgerzentrums

Am 09. Mai 1999 wurde das Bürgerzentrum "Alte Synagoge" feierlich mit einem Festakt in der Stadthalle eröffnet. Im Anschluss daran fand die Schlüsselübergabe an der Synagoge selbst statt. 

An der Eröffnungsfeier nahm der damalige Ministerpräsident des Landes NRW und spätere Bundespräsident Johannes Rau teil. In seiner Rede verwies er das Bürgerzentrum Alte Synagoge als Ort der Erinnerung und der Begegnung.

Das Bürgerzentrum "Alte Synagoge" heute

Seit der Einweihung wird das Bürgerzentrum "Alte Synagoge" als Veranstaltungsraum genutzt. Regelmäßig finden in den Räumen Konzerte, Ausstellungen oder Lesungen statt.

Die "Alte Synagoge" bietet Sitzplätze für bis zu 80 Personen. Ein Multifunktionsraum und ein Vorraum können durch Glasschiebetüren voneinander getrennt werden. Ebenfalls befindet sich im Bürgerzentrum eine barrierefreie Toilette.

Weitere Informationen:
Bürgerzentrum "Alte Synagoge" Meschede e.V.
Kampstraße 8, 59872 Meschede, Tel. 0291-7456
Postanschrift: Ritter-Freseken-Str. 7, 59872 Meschede

Textquelle: Stadt Meschede